Blutsommer (German Edition) by Rainer Löffler

Blutsommer (German Edition) by Rainer Löffler

Autor:Rainer Löffler [Löffler, Rainer]
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Tags: Thriller
ISBN: 9783644465619
Herausgeber: Rowohlt (com)
veröffentlicht: 2012-05-31T22:00:00+00:00


Abel starrte auf das Diagramm.

Als er dessen Aufbau verstanden hatte, überschlug er die Zeitangaben, die ihnen im Mordfall zur Verfügung standen. «Der Tag des Verschwindens von Hartmut Krentz würde demnach ziemlich genau mit dem seines Todes übereinstimmen», sagte er dann. «Zwanzig Grad macht zwanzig bis zweiundzwanzig Tage, wie Sie schon sagten. Der Mörder ist offenbar schnell zur Sache gekommen.»

«Stimmt.» Schwartz nickte bedächtig. «Normalerweise wäre das so. Wie Ihnen Ihre Kölner Kollegen aber sicher bestätigen können, herrschte in den letzten Wochen auch in Köln drückende Hitze bei weitgehender Windstille. Ich habe mir Satellitenaufnahmen mit Wärmebildern aus der betreffenden Gegend angesehen und bin zu dem Schluss gekommen, dass der Wald durch die wochenlange Aufheizung auch nachts weit weniger abkühlte als üblich. Sogar das ausgetrocknete Bachbett, wo sich noch am ehesten kältere Luft hätte sammeln können, war durch und durch aufgeheizt – wie meine Messungen vor Ort übrigens bestätigt haben.»

«Sie waren am Fundort?», unterbrach Abel den Professor.

«Halten Sie mich für einen Anfänger?», fragte Schwartz zurück. «Ts, ts, so gut sollten Sie mich aber inzwischen kennen, Abel. Na ja, jedenfalls müssen wir von einer Temperatur ausgehen, die im Tagesdurchschnitt um etwa zwei Grad höher war, als sie an diesem Ort bei dieser Wetterlage üblich ist. Die Vermehrungszyklen sind also viel schneller abgelaufen als üblich, was durch die Ergebnisse meiner bescheidenen Untersuchungen an den entnommenen Larven übrigens untermauert wird. Und das bedeutet …», er zog ein kleines Notizbuch aus der Hosentasche und blätterte darin, «… Hartmut Krentz lag wesentlich kürzer im Wald als bisher gedacht.»

«Wie viel kürzer?» Martin Abel spürte deutlich, dass Professor Schwartz seine Aussage für erheblich hielt.

«Schauen Sie auf das Diagramm! Eine Woche, plus minus ein Tag, schätze ich», sagte Schwartz. «Womit ich meine Aufgabe übrigens erfüllt hätte. Da wird eine dicke Rechnung auf Sie zukommen», fügte er hinzu.

«Eine Woche? Sind Sie sicher?» Die Rechenmaschine in Abels Kopf begann wild zu rotieren.

«Ich verwette meinen habilitierten Hintern darauf.» Schwartz schaute jeden der Anwesenden nacheinander an. «Ich will Ihnen ja nicht die Arbeit wegnehmen, aber daraus lässt sich nur ein Schluss ziehen.»

«Und zwar?»

«Krentz starb alles andere als sofort nach seiner Entführung», sagte der Professor mit einer für seine Verhältnisse ungewöhnlich belegten Stimme. «Er war etwa sieben Tage in der Gewalt seines Mörders, und nur Gott und dieser Mistkerl wissen, was er in dieser Zeit alles über sich ergehen lassen musste.»

* * *

Minuten nachdem Professor Schwartz gegangen und die Stille nicht mehr auszuhalten war, wuchtete Greiner seinen Körper aus dem Sessel. Mit steinerner Miene klemmte er sich die neben ihm liegende Akte des Metzger-Falls unter den Arm und machte sich auf den Weg zum großen Besprechungszimmer. Martin Abel und Hannah Christ folgten ihm schweigend.

Dort angekommen, nahm Greiner einen Filzstift in die Hand und drehte ihn nachdenklich zwischen seinen Fingern. Nachdem er endlich mit der Lage des Stifts zufrieden schien, räusperte er sich und blickte zu Abel und Christ auf.

«Der Besuch von Professor Schwartz hat zwei Dinge bewirkt», sagte er bedächtig. «Zum einen hat er mir wieder einmal ins Bewusstsein gerufen, dass bei einer Ermittlung nichts sicher ist, bevor es nicht wirklich sicher ist.



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